Tauchreisen

…… Damals am Roten Meer.

    Reise in den Sudan

Die reizvollsten Tauchgebiete liegen, darin sind sich viele Experten einig,etwa auf halber Länge
des Roten Meeres, also vor der sudanesischen undäthiopischen Küste. Nicht ohne Grund wählte
J.Y. Cousteau Sha’ab Rumi,das Römeratoll, für Precontinent II aus. Trotzdem blieb diese Zone
lange Zeit Wissenschaftlern und einigen wenigen Tauchextremisten als Ziel vorbehalten.

Dieses Jahr (1978) endlich sollte es auch für mich soweit sein. Unser Ziel hieß Port Sudan.
Beim VDST-Foto-Treffen auf Burg Gleibergsagte Kurt Leidecker zu mir „komm, fahr doch mit!“
und dir verführerische Einladung unseres Clubkameraden Geßner tat ein übriges,
um einen „Rotmeer-Fernweh-Tauch-Gedanken“ reifen zu lassen.

Vor allen Dingen waren es immer drei Worte, die das Gespräch um die bevorstehende Reise
an das Rote Meer anheizten: Sha’ab Rumi, Haie, Umbria. Diese Zauberworte aus dem
Taucher-Vokabular konnte ich nicht widerstehen. Ein Paar Termine wurden geprüft,
und dann war es soweit. Abflug Frankfurt 4.April 12:00 Uhr.

Wir flogen über Beirut, Jiddah, nach Khartoum, wo wir nachts schweißgebadet ankamen.
Nach schwierigen, sich lange hinschleppenden Zollformmalitäten (wir hatten alles dabei,
Flaschen, Kompressor, Automaten etc.) wurden wir von einem Kleinbus abgeholt,
der uns zum Hotel brachte. Aber was für eines, alles voller feinem Staub,
an Schlafen war nicht zu denken. Aber auch das ging vorbei. Am anderen Morgen sah die Welt
schon wieder besser aus. Nach dem Frühstück fuhren wir sofort zum Flughafen,
zum Weiterflug nach Port Sudan. Nach etlichen Stunden Wartezeit war es dann soweit.
Die total überladene Maschine hebt von der Piste ab, um sich in die hitzeflimmernde Luft
der Tropen hineinzuschrauben. Zwei Stunden später landen wir wohlbehalten in Port Sudan, wo wir
von unserem sudanesischen Betreuer in Empfang genommen und ins Red Sea Hotel gebracht wurden.

Unsere Ausreise dauerte also 1 ½ Tage. Nach einer Erfrischung und ein bisschen Ausruhen ging
es zum Geldwechseln, nach 3 Stunden und vielleicht 10 Unterschriften hatten wir auch diese
Hürde genommen. Am Nachmittag ging es mit unserem sudanischen Bus weiter. Was heißt Bus,
es war mehr oder weniger ein Lkw, auf dem Bänke montiert waren. Eine Plane schützte uns
einigermaßen gegen die Sonne und den Staub. Einen Kilometer hinter Port Sudan hört die
Asphaltdecke auf und die Schlag- und Schütteltour für unsere strapazierten Bandscheiben
konnte beginnen. Um den gröbsten Schlägen der demolierten Stoßdämpfer zu begegnen,
hängte ich mich mit einer Hand an das Gerippe des Plandaches. Nach zweieinhalb Stunden
waren wir in „Echt Afrika“. Das heißt, ca. 60 km. Nördlich von Port Sudan in „Arusa“.
Ein Bungalowdorf mitten in der Wüste. Aber hier war es sehr schön, wir hatten reichlich Platz,
gut zu essen und selbstverständlich was zum Trinken (dafür hatten wir schon im Flugzeug gesorgt).
Kurz vor der Abenddämmerung nahmen wir unsere ABC-Ausrüstung, um ein „bisschen zu schnorcheln“.
Um es kurz zu machen, in völliger Dunkelheit kamen wir wieder ins Dorf und erzählten uns
die unwahrscheinlichsten Stories, was wir beim Schnorcheln schon alles gesehen hatten.

Am nächsten Morgen, nach einem reichhaltigen und guten Frühstück, wurde es ernst.
Unsere „Speedboats“ standen bereit, und es hätte losgehen können.
Aber, oh Graus, der eine hatte dies vergessen und der andere das.
Dann aber endlich konnten wir starten zu unserem 1.Tauchgang ins Rote Meer.

       

Nach guten zwei Stunden erkennen wir am Horizont eine leichte Silhouette.
Es ist Schab Suadi, unser erstes Tauchgebiet. Nun aber schnell angezogen,
was auf den schaukelnden Plastikbooten gar nicht so einfach ist.
Dann ein letzter Blick in die Runde. Ok. Dann rückwärts ab ins glasklare Wasser.

Ahmed, so heißt unser Fischer, reicht mir die Unterwasser-Kamera undab geht´s in Richtung Riffmauer.
Sie ist in Nähe der Wasserlinie stark durchhöhlt. In der ersten Höhle entdecke ich drei
Zackenbarsche von verschiedener Größe – ein verheißungsvoller Auftakt.
Mittlerweile ist unsere Gruppe komplett auf einer Feuerkoralle ein willkommenes Motiv.
Der Scheinwerfer flammt auf. Als ich die Kamera absetze, sehe ich in 15m Entfernung einen 2m langen
Hai vorbeiziehen. Mit der Kamera im Anschlag erwarte ich sein Näherkommen. Wenige Sekunden später
verschwindet er im blauen Wasser. Ich schwimme weiter, vor mir entdecke ich Steinfisch-Heinz
in der Höhle eines Domes. Von oben fällt Licht durch die Öffnung in die Riffplatte, dazwischen
Peitschenkorallen und Schwärme von Jungfischen, phantastisches Bild. Als ich mich umdrehe, sehe ich,
dass sich 2 Haie genähert haben. Instinktiv hebe ich die Kamera, schalte den Scheinwerfer ein.
Doch plötzlich rutsche ich auf dem locker geschichteten Korallengeröll ab, es kommt vor mir zu einem
Beinahezusammenstoß zweier Haie, die in rasender Flucht davonjagen. Eingehüllt in eine
Schlammwolke, die jede filmerische Aktion unmöglich macht, schaue ich mich zu Heinz um,
dessen Flüche ich bereits im Unterbewusstsein vernommen habe. Diesmal hat es also nicht
am Willen der Haie gefehlt, sondern mein Missgeschick hat eine gute Chance zunichte gemacht.
Dementsprechend fiel auch die Standpauke aus, nachdem wir an Bord zurückkehrten.
In den nächsten Tagen besuchten wir noch mehrmals solche Atolle,
aber eine so schöne Gelegenheit bekamen wir nicht wieder.

In den nächsten Tagen besuchten wir die mit unseren Speedboats erreichbaren Plätze.
Am 4. Tage kam endlich unser lang ersehnter „Hochseekreuzer“. Das Ganze sah recht abenteuerlich
und von weitem wie ein Floß a´la Heyerdahl aus. Aber was soll´s. Am nächsten Morgen zogen wir
schwerbeladen los. Unser erstes Ziel war Sha´ab Rumi, Römerriff. Sha´ab Rumi ist der
geheimnisvolle Name, der sich mit Precontinent verbindet. Die beiden ersten Versuche,
bei denen Menschen eine längere Zeit in einem Unterwasserhaus gelebt haben.
Die Garage für die schwimmende Untertasse ist das heutige Wahrzeichen von Sha´ab Rumi.
Für eine Stunde auf Spuren von Cousteau. Eine schöne, langanhaltende Erinnerung.
In der Tat ist es schwer, diesem Zielgebiet nicht restlos zu verfallen, denn hier werden selbst kühnste
Taucherträume übertroffen. Ich bereiste den Sudan im April 1976 erstmalig,
und die Erlebnisse der 18-tägigen Kreuzfahrt waren so überwältigend, dass eine Steigerung
beinahe die Phantasie übertrifft. Ich habe von Roten Meer schon so viel geschwärmt,
dass mich meine Tauchkollegen heute noch hänseln.

Weiß du noch, damals am Roten Meer …

Nach ca. 2 Stunden Fahrt in unserem „Hochseekreuzer2 erreichten wir endlich Sha´ab Rumi.
Ich glaube, das Anziehen und Flaschen anlegen ging diesmal noch schneller, und ab ging die Post.
Glasklares Wasser empfing uns. Auf sandigem Grund befand sich nur 15m unter den Wellen das
„unterseeische Dorf“. Die pilzförmige „Garage“ steht nicht weit entfernt, also nichts wie hin.
An ihren Standbeinen haben sich mittlerweile herrliche, rote Weichkorallen angesiedelt.
Im Inneren ist es dämmrig, und über einem Gitterrost, der sich fast über den gesamten Durchmesser
ausdehnt, steht ein großer Schwarm silberglänzender Jungfische. In der unmittelbaren Nähe des
„Dorfes“ ist der Korallenwuchs aufgelockert. In einzelnen Türmen und Gruppen wachsen die
Formationen fast bis zur Wasseroberfläche hinauf. Die dazwischen befindlichen Spalten,
Schluchten und Höhlen bieten einer Unzahl von Fischen, darunter wirklich großen Zackenbarschen,
außerordentlich gute Versteckmöglichkeiten.

Zwischen der „Garage“ und der Steilwand kommt mir plötzlich ein über 4m großerManta
entgegen geschwommen. An Ausweichen ist nicht zu denken. Also Kamera hoch und gefilmt.
Und schon ist er im graublauen Wasser verschwunden. Also weiter zum Steilriff.
Zwei Haikäfige sind am Riff von Cousteaus Precontinent-Versuchen noch vorhanden,
einer liegt umgestürzt auf der ersten Riffsohle, der zweite ist in etwa 40 m Tiefe am zweiten
Riffabsturz noch gut erhalten und fest verankert die Behausung eines Jungfisch-Schwarms.
5-10 m tiefer stehen viele der prächtigen, rot gefärbten Großaugenbarsche und
noch ein Stück weiter unten schwimmen dicht gedrängt Hunderte skurriler Nashornfische.
Ein Anblick, den wir so schnell nicht vergessen werden. Ein Blick auf die Uhr mahnt zur Umkehr.
Auf dem Weg nach oben begegne ich Jochen, der feste an der „Garage“ filmt.
Aber nun ist es wirklich Zeit, wir wollen noch vor Sonnenuntergang aufSanganeb sein.

Sanganeb, ein Leuchtturm im Roten Meer, wer hörte noch nicht davon.
Vielen Port-Sudan-Tauchern bleiben die Tage auf Sanganeb, die man mit den dort stationierten
Sudanesen verbringt, in froher Erinnerung. Hoffentlich dürfen wir auch dann noch auf Sanganeb
tauchen und die Boote vertäuen, wenn der Leuchtturm auf Vollautomatik umgebaut worden ist.
Sanganeb war eine weitere Steigerung im Programm. Zum ersten Mal erlebe ich das Riff in seiner
ganzen Mächtigkeit. Aus graublauer Tiefe wächst die Korallenwand senkrecht empor.
Die Wassertemperatur über der Riffplatte beträgt 45 ° - das Wasser ist dort trüb und schlierig.
Aber schon in 2 m Tiefe findet man klare Sicht und 28° Celsius. Der Fischreichtum dort
ist sagenhaft, von Jungfisch-Schwärmen über Barrakudas bis zu den Haien ist dort alles vertreten.
In 20 m Tiefe begegnete ich einer sogenannten „Barrakuda-Schule“ - Wer Glück hat, begegnet ihnen.
Als ich sie kommen sah, schwamm ich, so schnell ich konnte, auf sie zu.
Leider verwirrte ich sie damit am Anfang, so dass sich der Schwarm teilte.
Doch schon bald formierte er sich wieder und umkreiste mich ein paarmal.

   

   

Unter uns in 30 m Tiefe erstreckt sich ein Plateau seewärts. Während die Gruppe links über
Plateaurand hinwegtaucht, schwebe ich in 20 m Tiefe und habe Probleme mit dem Druckausgleich.
Langsam tauche ich tiefer zu den anderen, die bereits ihre „Hailoge“ bezogen haben.
Irgendwie befriedigt mich dieser Platz nicht. Als ich etwas tiefer tauche, bemerke ich,
dass Christa fehlt. Ich schwimme am Plateaurand entlang in die Richtung, in der ich sie vermute.
Da, tatsächlich, dort hinten kann ich Luftblasen aufsteigen sehen.
Als ich etwas näher komme, merke ich, dass zum ersten Plateau hin der Meeresboden ansteigt und
ein zweites Plateau bildet.Der Abhang fällt zunächst etwas flacher ab, um dann steil im Blau zu enden.

Da, schräg vor mir im tiefen Wasser,unverkennbar – Hammerhaie.
Ich zähle 5 Tiere, dahinter nur schemenhaft mehrere Schatten. Die Tiere sind schätzungsweise
4 - 5m lang. Der schlanke Körper erinnert mich unwillkürlich an einen Vorschlaghammer.
Ein Hammerhai nähert sich uns einige Meter, Kamera hoch und filmen ist eins, aber schon wieder
dreht er ab zur Gruppe zurück. Die Unterwasserszenerie ist hier so mannigfaltig,
dass sich für Filmer und Fotografen ein Motiv nach dem anderen anbietet. Trotz der großen
Luftkapazität unserer Geräte sind leider die Tauchzeiten in größerer Tiefe immer zu knapp.
Die Armaturen zeigen , dass es höchste Zeit ist, die Dekompressionsstufe aufzusuchen.
Wir schwimmen durch eine Kolonie Peitschenkorallen zum Riff ein. Wenige Minuten später
befinden wir uns unter unserem Boot. Die Dekompression gestaltet sich hier keineswegs
langweilig, denn überall findet man interessante Details subtropischer Fauna und Flora.

An Bord zurückgekehrt, sind wir uns alle einig, erneut hier zu tauchen.

Unser nächstes Ziel war die „Umbria“, deren detaillierte Beschreibung in kaum einem
Buch über das Rote Meer fehlt, und über die Hass sagt, es lägen noch über eine halbe
Million Maria-Theresia-Taler darin. Wenn man an einem windstillen Tag mit den Booten von
Port Sudan kommend, sich der „Umbria“ nähert, kann man schon von weitem die Davits erkennen,
die aus dem Wasser ragen. An einem solchen Tag wird das Boot direkt an einem der
Davits festgemacht und im glasklaren Wasser sieht man 40 oder 50 Meter weit unter der
Oberfläche den „schlafenden“ Schiffsriesen liegen. Wir waren mit unserem Boot
vorausgefahren, das heißt, Steinfisch-Heinz, Christa Hold und ich. Wir haben uns als
Team zusammengeschlossen, und ich muß sagen, ich habe es noch nicht bereut, denn nicht nur
die Tauchgebiete sind entscheidend, sondern auch die Tauchpartner.
Vom Wrack schauen auch heute nur die Davits aus Wasser.

Träge schwingen sich Seevögel in die Luft, als unser Boot an einer der rostigen
Eisenschlangen festmacht. Angezogen hatten wir uns schon auf der Fahrt, so dass wir nur noch
das Gerät aufsetzten und tauchen konnten. Im Bereich dieses schon häufig beschriebenen
Wracks haben sich einige Arten wie Papageien-, Kaiser- und Wimpelfische schon sehr an den
Besuch von Tauchern gewöhnt. Man braucht nur einige Zeit am Wrack herumzuklopfen,
und schon sind sie da. Ich glaube, für alle UW-Fotografen und -Filmer ist die „Umbria“ ein wahre
Motiv-Eldorado. Hier kann man sich mühelos wochenlang beschäftigen. Nur schade, dass
ein Film zu schnell durchgezogen ist, denn gerade wenn der Film alle ist,steht man die schönsten Motive.

Nun sind wir wieder in Arousa, unserem Hauptcamp. Rückblickend muß ich sagen,
die 6 Tage Kreuzfahrt (Sha´ab Rumi, Sanganeb, Umbria) waren die größte und
die stärkste Erinnerung, die ich mitnahm.

Am Sonntag in aller Frühe (3 Uhr) ging es wieder zurück nach Port Sudan.
Die Strecke war ja nun bekannt, und so stellen wir uns aufs Schlimmste ein.
Aber auch das ging wieder Erwarten gut. In Port Sudan begann das „lange Warten“.
Erst hieß es, wir fliegen um 6 Uhr, dann um 10 Uhr, schließlich um 12 Uhr ging die letzte Maschine.
Dann wurde der Flugplatz für 3 Monate geschlossen. Er bekam endlich eine Asphaltdecke.

Das Grand-Hotel in Khartoum vermittelt auch heute noch echt britischen Stil, und es erfordert keine
allzu große Phantasie, sich das Leben in einer solchen Metropole des britischen Empire vor
80 oder 100 Jahren vorzustellen. Die Stadtrundfahrt, die für uns organisiert wurde, reißt uns aus
diesen Erinnerungen. Es wird uns Neues gezeigt, Geschichtliches nur gestreift: der Aufstand des Mahdi,
Teile der alten Verteidigungsanlagen, das Hauptquartier General Gordons. Für den fotogensten Platz,
das Zentrum von Omdurman, bleiben uns für Schnappschüsse des bunten Treibens in der Altstadt nicht
mehr viel Zeit. Nur die Kamerajagd stößt auf Schwierigkeiten: der Islam verbietet bekanntlich
das Abbilden des Menschen, und viele Sudanesen halten sich an die Lehre des Mohammed,
so dass man mit List, Teleobjektiven und Bakschisch sich seine Schnappschüsse holen muß.
In Khartoum gibt es auf den Dächern nicht nur Fernsehantennen, sondern paradoxerweise auch ein
Fernsehprogramm von dem wusste Mohammed aber noch nichts.

Viel zu schnell ging die Zeit am Roten Meer zu Ende, viel zu schnell gewöhnt man sich an die bunte
Korallenwelt unter Wasser und nimmt sie wie selbstverständlich in seine Erfahrung auf.
Erst aus einem gewissen Abstand heraus, wenn der Alltag zu Hause einen wieder mit Beschlag belegt,
beginnt man zu begreifen, welche Wunderwelt man am Roten Meer für mich,
bis jetzt, das größte Erlebnis war.

Karlheinz

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SCUBA CUBA

Leicht war es nicht gerade hinzukommen. Zunächst fliegen wir d.h. Hartmut, Heinz und ich,
mit einer Lufthansa—Maschine nach Prag. Von hier aus sollte es dann mit der Cubana—Tours über
Madrid und Barbados nach Havanna weitergehen.

Mit einer russischen Ilyuschin erfolgte der Abflug um 17,00 Uhr ab Prag.
Die Maschine war bis auf den letzten Platz voll.
Der Bordservice war ganz gut. Die Kost war zwar etwas derb, aber reichlich und schmackhaft.

Nach einigen Stunden Schlaf, sehen wir mit Spannung der Zwischenlandung in Barbados entgegen.
Als die Maschine ausrollte, bemerkte der am Fenster sitzende Heinz : "Ich wußte gar nicht,
daß es in Barbados schneit. Ich sehe Berge von Schnee." Im Glauben seine Augen spielen ihm infolge
der Übermüdung einen Streich, läßt er mich aus dem Fenster sehen. Tatsächlich, Schnee soweit
das Auge reicht. Kurz darauf erfahren wir des Rätsels Lösung. Wir sind in Gander auf Neufundland,
da das Flugzeug einem jahreszeitlich bedingtem starken Gegenwind ausweichen mußte.

Nach dem Auftanken geht es im Direktflug nach Havanna. Nach elfeinhalb Stunden Flug landeten wir
in Havanna, wo uns laut Prospekt ein Vertreter der Cubatur empfangen und ins Hotel zur wohlverdienten
Ruhe geleiten sollte. Jedoch: Wir wurden nicht erwartet. Angeblich hätte Cubatur nichts von uns gewußt.
So wurden wir kurzerhand einer französischer Gruppe zugeteilt. Der einzige Nachteil war,
daß von uns keiner Französisch sprach, von denen keiner Deutsch, und der Reiseleiter nicht
einmal Englisch. Aber irgendwie ging es immer.Heinz spielte mit Wänden und Füßen den Dolmetscher,
so konnten wir uns schon einigermaßen verständigen. Nach der Unterbringung im Hotel "Habana Libree,
einem ehemaligem Hilton, und einer erfrischender Dusche, ging es ab in die Heia.

Am frühen Nachmittag fliegen wir mit einer kleinen Fokker Friendship, einer zweimotorigen
Turbopropmaschiene der Cubana Air zur Islas Pinos, die ihren Namen von den ausgedehnten
Pinienwälder hat. Wir kommen zu unserem Hotel. Ehemals vorn Hiltonkonzern bewirtschaftet,
hat uns das völlig abseits gelegene "Colony — Hotel“ sofort gefallen. Saubere geräumige Zimmer,
zweckmäßig eingerichtet und mit Klimaanlage versehen, gestalten den Aufenthalt angenehm.
Zwei Steckdosen (110 Volt ) garantieren die Energieversorgung unserer Lampen.

Das Hotelessen verdient unser uneingeschränktes Lob. Frische Früchte, Säfte, Kaffee, Milch,
Eier, Speck und Wurst gibt es zum Frühstück am Buffet. Für Süßmäuler, wie mich, steht Marmelade
und Gebäck bereit. Das Abendessen, ebenfalls vom Buffet, ist gleichermaßen gut und reichhaltig.

Der Tauchbetrieb  gestaltete sich dann folgendermaßen :
Frühstück gegen 6.o0 Uhr im Hotel, anschließend um 6.3o Uhr Transport mit Bussen zum etwa zwei
Kilometer entfernten Hafen. Dort standen während unseres Aufenthaltes fünf Tauchboote zur Verfügung.
Zu unserer Zeit waren zwischen 80 und 100 Taucher im El Colony und es war schon ein
erschreckender Anblick, zum ersten Mal zu erleben, wie Busse fast 100 Personen ausspieen,
die dann auf die Boote verteilt wurden. Eine Basis mit drei Bauer—Kompressoren und
ca.150 fünfzehn Liter Technisub—Geräte warteten auf den Ansturm der Taucher.

Unsere Sorge, eventuell kein Boot zu erhalten, erweist sich als unbegründet.
Wir bekommen, wieder zusammen mit den Franzosen, einen schönen zwölf Meter langen Kutter
zu Verfügung gestellt. Platz war also reichlich vorhanden. Jeden Morgen finden wir unser Boot
bereits mit Pressluftflaschen beladen und unser Tauchgepäck an Deck geschafft vor.
Der Capitano und die Mannschaft begrüßen und verwöhnen die gesamte Reisegruppe während der
zweistündigen Fahrt zu den Tauchgründen mit frischen Früchten.

       

Nachdem wir den Westzipfel der Hotelbucht nach Süden umrundet haben, sind wir schnell an die
mit Sojen markierten Tauchplätze angelangt. Siebzehn Tauchgründe entlang eines Steilabfalls auf
einer Länge von etwa drei Kilometer werden hier betaucht. Klangvolle Namen, wie "Blue Care",
"Tunnel of Love", "Passage to the deep", "Hidden Passage", "Care of Mystery" oder "Black Corall Wall",
laden uns zum ersten Tauchgang ein.

Wie fast immer springe ich als Erster über Bord. Ich straffe noch einmal die Bänderung des Gerätes,
nehme die an einem Seil hängende Kamera vom Haken und lasse mich langsam, in fünfzehn Meter Tiefe
befindlichen Riffkante entgegensinken, um dort auf Heinz und Hartmut zu warten. Gleich umkreisen mich
eine Schule von Streifenschnapper. In 10m Meter Entfernung steht regungslos ein Barrakuda von
ca.1 Meter Länge. Diesen Wachposten Neptuns treffen wir fast bei jedem Tauchgang an.

Endlich kommen auch meine zwei Tauchpartner

An der Steilwand tauchen wir hinab. Schwämme der kuriosesten Formen, meistens in leuchtenden Gelb,
manchmal in Orange oder in tiefem Rot, beherrschen die Wand. Daneben stehen die großen Fächer der
Gorgonien, mit ihrem Feinmaschigen Netzwerk ständig nach Nahrung flächelnd.
Ebenfalls auf Nahrungssuche patrouillieren Grouper entlang der Riffwand. Ein ruhiges, friedfertiges Bild.
Anders als die schreienden Farben des Roten Meeres oder die hektische Betriebsamkeit der
Unterwasserwelt der Malediven.

              

                                      

Bei einem anderen Tauchgang weist Heinz auf eine Spalte etwa zehn Meter oberhalb der Riffkante.
Ich schalte meine UW — Scheinwerfer an und lasse mich hinab sinken. Im Schein des Lichtes gleite ich
durch eine Wolken von winzigen silbrig gleißenden Fischen. Der Tiefenmesser zeigt bereits über
dreißig Meter, als es durch die Dunkelheit blau durch schimmert. Der Ausgang der "Passage to the. Deep"
ist umsäumt von einigen Schwämmen mit gigantischen Ausmaßen. Unter mir zieht ein Leopardenrochen
seine Bahn. Ich lasse mich hinabsinken. Bei ca.sechzig Meter Tiefe werde ich gebremst von
unserem Tauchlehrer, der mich mit gefalteten Händen bittet, sofort mit hoch zu kommen.
Der Rochen ist immer noch ca.15m unter mir, also tauche ich mit hoch. Die Anderen warten am Ausgang
der Passage, wir steigen gemeinsam wieder hoch. Schon zu lang befinden wir uns in großer Tiefe.
Der Zeiger meines Dekometers hat sich bereits ins rote Feld geschoben. Aber nach ausreichenden
Deko und einem guten Mittagessen (an Bord) können wir unseren Nachmittagstauchgang
im flacherem Gewässer doch noch machen.

Heute sind wir am Wrack der "Sparta", die im Flachwasser abseits der anderen Tauchplätze
versenkt wurde, um der Luftwaffe eine Zeitlang als Übungsziel zu dienen.
Mit einem weiterem Wrack ist es Heimstätte eines Fischreichtums, wie wir ihn sonst nirgens fanden.
Bei einer Maximaltiefe von 15m tauchen wir hier über zwei Stunden. Schwärme von Süßlippen und
zuletzt die anhänglichkeit einer Robbe zwingen mich zu einem Filmwechsel aus dem Wasser.
Als ich sie das erste mal sah, hatte ich mich gerade über Bord fallen gelassen.
Ich drehte mich herum, um die Kamera vom Haken zu nehmen, als sie ca. zwei Meter vor mir stand.
Mit kritischem Blick beugte sie mich, und ich kam zu meinen ersten Portraits.
Inzwischen haben wir uns an ihre Gegenwart gewöhnt. Aufmerksam verfolgt sie unseren Streifzug
durch das Wrack. Manchmal kommt sie auf Streichelnähe heran, um unerwartet, raketenartig
davonzuschießen. Gleich darauf ist sie jedoch wieder da. Das Wrack ist in einem
"ideal verfallenen" Zustand. Alle Innenräume sind, ohne sich in Gefahr begeben zu müssen, zugänglich.
Teile des Decks befinden sich in nur drei Meter Wassertiefe. So tummeln wir uns an Winden und
Ankerketten und können uns nur schwer von diesem Tauchplatz trennen.

Aber einmal geht alles zu Ende. Unser letzter Tauchtag ist angebrochen. Wir genießen ihn
nochmals ausgiebig; und ab geht es nach Habana zurück.

Am späten Nachmittag sind wir wieder im Hotel "Habana Libre" und der Wunsch ein bißchen
"Augenpflege" zu betreiben wird nun übermächtig, zumal wir am Abend
Havanna's weltberühmte "Tropicana Show" besuchen wollen.

Unser Reiseleiter hat Top—Plätze direkt an der Bühne für uns reserviert.So können wir die
Reize der Kaffeebraunen Girls aus nächster nähe genießen. Was wir hier zu sehen bekommen setzt,
zumindest für uns, neue Maßstäbe, die Franzosen kennen sowas schon eher. Mehr als dreihundert
Darsteller und Musiker wirbeln in einem Augen— und Ohrenschmaus über Bühnen in
verschiedenen Ebenen. Ein Rausch in Farbe zieht an uns vorüber, dazu der Samba und der
weiße cubanische Rum. Die Wirkung bleibt nicht aus. Selig sinken wir in die Matratzen.

Am nächsten Morgen steht eine Stadtrundfahrt auf dem Programm. Als erstens ist ein Besuch
im Aquarium von Havanna vorgesehen. Die Becken in einer Freilichtanlage inmitten eines tropischen
Garten angelegt sind zweifellos sehenswert. Hier sind sämtliche typische Spezies der Karibik vertreten
und lassen unsere Taucher—Herzen höher schlagen.

Insgesamt gesehen mag dieser Bericht dem Leser wie vom Reiseveranstalter gesponsert erscheinen.
Viel wurde bereits über dieses Reiseziel geschrieben. Jeder berichtet jedoch so wie er diese
Reise erlebte. Ich auch. Ein gutes Hotel, karibiktypische Tauchgründe mit Sichtweiten von 15 - 40 m,
das interessante Havanna und ein mehr als attraktiver Preis lassen diese Reise zu einem echten
Erlebnis werden. Ein, gezwungenermaßen, abschließender Tag in Havanna rundet unsere Reise ab.
Einziger Wermutstropfen, die umständliche Heimreise.
Doch sie ist, ebenso wie die Anreise mit für den angenehmen Preis verantwortlich.

Karlheinz Schäfer